Autor: Stefan Huber
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Wenn zwei Polynome vom Grad d dieselben d+1 Datenpunkte interpollieren, dann folgt aus der Unisolvenz-Eigenschaft der univariaten Polynome, daß es sich höchstens um zwei verschiedene Darstellungen desselben Polynoms bezüglich verschiedener Basen des handeln kann. Aus dieser Tatsache kann man zwei wichtige Folgerungen ableiten:
Die Form, bei der ein univariates Polynom als Linearkombination der Monome dargestellt wird (9.6) - die Potenzform eines Polynoms vom Grad d -, ist die mathematische Standardform, wie sie vor allem für theoretische Untersuchungen verwendet wird. Für numerische Berechnungen sind aber oft andere Darstellungen weit günstiger, wie z.B. die Form
die man durch Entwicklung von (9.6) um die Stelle c erhält. Die Form (9.8) der Polynomdarstellung kann - bei geeigneter Wahl der Entwicklungsstelle c - numerisch wesentlich stablier sein als die Form (9.6). Beispiel (Polynom-Auswertung) Der Parabel entspricht in der Form (9.8) das Polynom
Berechnet man die Werte und mit Zahlen aus , so erhält man aufgrund von Auslöschungseffekten nur die grob fehlerhaften Resultate 0 bzw. 100. Die Auswertung der Form (9.8)
ist in diesem Fall ohne Auslöschung möglich und liefert die exakten Werte 1.25 und 2.
Es empfiehlt sich generell, die Form (9.8) der Potenzform (9.6) vorzuziehen, wobei die Wahl der Entwicklungsstelle c möglichst im Schwerpunkt jener x-Werte erfolgen sollte, für die das Polynom ausgewertet werden soll.
Die Lagrange-Polynome (die auch Lagrangesche Basis- oder Elementarpolynome genannt werden) bilden eine Basis
des Vektorraums . Sie sind für eine gegebene Menge von d+1 voneinander verschiedenen Punkten - den Interpolationsknoten - durch folgende Eigenschaften charakterisiert:
Die Lagrange-Polynome , deren Existenz und Eindeutigkeit nach den Resultaten des Abschnitts 6.6 gesichert ist, kann man z.B. durch ihre Linearfaktorenzerlegung darstellen:
.
Beispiel (Lagrange-Polynome)
In Abb. 9.4 ist das Lagrange-Polynom für zwei verschiedene Anordnungen der Interpolationsknoten dargestellt: für äquidistante Knoten auf [-1,1] und die Nullstellen des Tschebyscheff-Polynoms (siehe Abb. 9.7).
Abb. 9.4: Lagrange-Polynom für die Tschebyscheff-Knoten (--) und die äquidistanten Knoten (--) auf [-1.1]
Diskrete Orthogonalität: Bezüglich des inneren Produktes
wobei die Menge der Interpolationsknoten ist, gilt:
Die Lagrange-Basis
ist also bezüglich
(9.10)
ein Orthonormalsystem.
Basis der Bernstein-Polynome
Die Bernstein-Polynome sind durch
definiert. Auch sie bilden eine Basis
des linearen Raumes . Dementsprechend besitzt jedes Polynom eine Darstellung bezüglich der Bernstein-Basis :
Die Koeffizienten nennt man aber zumeist nicht Bernstein-, sondern Bézier-Koeffizienten; (9.11) bezeichnet man als Bézier-Darstellung.
Nullstellen: hat genau zwei reelle Nullstellen:
ist eine i-fache Nullstelle, | |
ist eine (d-i)-fache Nullstelle. |
Maxima:
hat in [0,1] genau ein Maximum an der Stelle x=i/d.
Basis der Tschebyscheff-Polynome
Von allen Systemen orthogonaler Polynome, die eine Basis des Raumes bilden, spielen in der Numerischen Datenverarbeitung die Tschebyscheff-Polynome die wichtigste Rolle:
Mit Hilfe der Rekursion (9.12) kann man ermitteln:
In (9.13) wird jedes Tschebyscheff-Polynom bezüglich der Monombasis ausgedrückt. Umgekehrt kann man jedes Monom durch die Elemente der Tschebyscheff-Basis
ausdrücken:
Jedes beliebige Polynom Kann dementsprechend als Linearkombination von Tschebyscheff-Polynomen dargestellt werden:
wobei die Koeffizienten dieser Darstellung mit jenen der Monom-Darstellung (9.6) im allgemeinen nicht übereinstimmen.
Notation (Summe mit Strich)
Die Konvention, den ersten Koeffizienten zu halbieren, was durch
ausgedrückt wird, stammt von der Reihendarstellung beliebiger
Funktionen durch
womit sich eine einheitliche Formel (10.13) für alle Koeffizienten ergibt.
In manchen Situationen ist auch die Darstellung
bei der erster und letzter Summand halbiert werden, zweckmäßig.
Notation (Zweigestrichene Summe)
Durch
wird ausgedrückt, daß bei der Summation der erste
und der letzte Summand halbiert werden
(vgl. 9.15):
Abb. 9.5: Tschebyscheff-Polynome auf [-1,1]
Nullstellen: hat in [-1,1] d Nullstellen (siehe Abb. 9.6 und Abb. 9.7)
Abb. 9.6: Nullstellen des Tschebyscheff-Polynoms
Abb. 9.7: Nullstellen der Tschebyscheff-Polynome
Extrema: Im Intervall [-1,1] gibe es d+1 Stellen (Extrema)
wo ein Minimum oder ein Maximum besitzt (Rivlin [341]). Dabei gilt
d.h., an jeder Maximumstelle hat den Wert 1 und an jeder Minimumstelle den Wert -1. Auf [-1,1] gilt somit .
Die Nullstellen und Extrema der Tschebyscheff-Polynome spielen als Interpolationsknoten eine wichtige Rolle.
Terminologie (Tschebyscheff-Abszissen) Falls im folgenden von Tschebyscheff-Abszissen oder -Knoten die Rede ist, handelt es sich um die Nullstellen von . Zur genaueren Unterscheidung wird auch von Tschebyscheff-Extrema gesprochen.
Diskrete Orthogonalität: Bezüglich des speziellen inneren Produktes
wobei die Menge der Nullstellen von ist, gilt (Cheney [35]):
Eine ähnliche Eigenschaft gibt es auch bezüglich des inneren Produkts
wobei die Menge der Extrema von ist. Hier gilt:
Bemerkung (Kontinuierliche Orthogonalität)
Die kontinuierliche Orthogonalität der
Tschebyscheff-Polynome wird erst in
Kapitel 10
behandelt (vgl. Formel
(10.11)
).
Minimax-Eigenschaft: Die Tschebyscheff-Polynome sind unter allen Polynomen durch folgende Eigenschaft ausgezeichnet:
Satz
9.3.1 (Tschebyscheff)
die kleinste Maximumnorm auf dem Intervall [-1,1]. Wegen
ist dieser Wert
Beweis:
Von allen Polynomen
mit einem Anfangskoeffizienten
hat das Polynom
Die sogenannte Minimax-Eigenschaft der Tschebyscheff-Polynome kann man auch anders formulieren: Unter allen Polynomen mit auf [-1,1] und hat das Tschebyscheff-Polynom mit den größten führenden Koeffizienten und das Monom mit den kleinsten. Eine Entwicklung (Darstellung) nach Tschebyscheff-Polynomen hat daher den Vorteil des schellsten Abklingverhaltens der Koeffizenten. Entwicklungen mit schnell abklingenden Koeffizienten ermöglichen sehr "kompakte" Approximationen, wenn man die Terme mit vernachlässigbar (betrags) kleinen Koeffizienten wegläßt.
Eine ausführliche Behandlung wichtiger Eigenschaften der Tschebyscheff-Polynome findet man z.B. in Büchern von Rivlin [341] sowie Fox und Parker [199].
Autor: Stefan Huber
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