Um diese Frage zu klären wurden fünf Power-PC-Rechner einem Test unterzogen. Doch Power-PC ist nicht gleich Power-PC. Zum einen spielt es eine Rolle, welcher der Prozessoren aus der Power-PC-Familie zum Vergleich herangezogen wird. Begonnen haben Apple, IBM und Motorola mit dem 601-Prozessor der seit Mitte 1993 auf dem Markt ist. Als erster Hersteller baute Apple ein System mit dem Desktop-RISC-Chip, anfänglich mit 66 Megahertz lief.
Gekennzeichnet ist das Siliziumplättchen durch einen 32 Kilobyte
großen Cachespeicher und jeweils 32 Register für Ganzzahl (Integer)
und Fließkommazahlen (Float). Der 601 verfügt über eine
superskalare Architektur, die das Abarbeiten von bis zu drei Befehlen (zwei
Integer, ein Float) gleichzeitig ermöglicht. Die Verbindung nach draußen
stellt ein 32 Bit breiter Bus her, nachdem die 64Bit-Adresse angelegt ist.
Dieser erste Desktop-Chip wurde jetzt vom 604-Prozessor abgelöst, der sich vom 601 durch mehrere wesentliche Merkmale unterscheidet: Zum einen kann der Prozessor bis zu sechs Befehle pro Takt verarbeiten, wofür drei Integer- und eine Float-Einheit zur Verfügung stehen. Die Integer-Einheiten sind nochmals in zwei Einzeltakt-Befehlseinheiten und eine Mehrtakt-Bafehlseinheit untergliedert. Eine unabhängige Speicherzugriffssageeinheit und eine Sprungvorhersageeinheit sind ebenfalls integriert, die Cachegröße und die Busbreite des 601-Prozessor mit zeitgemäßen Taktraten bis zu 133 Megaherz betrieben werden.
Versionen mit höheren Frequenzen sind bereits angekündigt.
Doch gleichzeitig konzentriert sich die Gruppe auf die Entwicklung ihres
neuesten Prozessors: Der 620 soll den 604 an Power nochmals um Längen
schlagen. Um diese Leistung zu erzielen, geht der 620 intern auf 64-Bit-Datenverarbeitung
über. Totzdem soll der 620 seine Kompatibilität zum 604/601-Code
behalten.
Beschleunigende Eigenschaften wie spekulative Ausführung und die Serialisierung
von Befehlen werden ebenfalls auf dem Halbleiterplättchen untergebracht.
Bis zu sechs Einheiten können so gleichzeitig auf dem Prozessor arbeiten.
Zwei 32-Kilobyte-Cachesysteme und ein integrierter Level-2-Cachecontroller
unterstützen die Einheiten. Der 620 wird als High-End-Chip für
den Workstation- und Serverbereich angesehen.
In eine andere Richtung entwickelt sich die Power-PC-Familie mit dem 603e.
Dieser Prozessor zeichnet sich durch einige energiesparende Schaltungen
ans, die den Chip für den Einsatz im Mobilbereich prädestinieren.
Allerdings wird der 603e auch im Desktopbereich eingesetzt, zum Beispiel
im Apple Performa 5200. Der 603e wird zur Zeit mit 75 und 100 Megahertz
getaktet. Ein anderer Sproß für den portablen Einsatz ist der
MPC 821, der ebenfalls auf dem Power-PC-Kern basiert.
Der Chip enthält zusätzlich den kompletten LCD-Controller,
ein Kommunikationsmodul und einen PCMCIA-Controller.
Das jüngste Kind der Power-PC-Familie könnte der 615 werden.
Noch ist nicht klar, ob dieser Prozessor, der auch einen 486er auf dem
Chip enthalten soll, in dieser Form gebaut werden wird.
Außer dem Prozessor sind das Speichersystem und der Peripheriebus
für die Leistung eines Rechners entscheidend.
Viele Power-PC-Systeme gründen auf dem Big Bend Design. Es sieht einen
schnellen L-2-Cache (Pipelined Burst) vor, der oft als steckbares Modul
ausgeführt ist. Wie wichtig eine hohe Leistung des Speichersubsystems
ist, haben die Tests von Pentium-PC gezeigt. Interessant ist in diesem
Zusamenhang, daß der Power-PC aufgrund seiner linearen Bitreihenfolge
andere Cachebausteine benötigt als ein PC.
Designer des Power-PC raten übrigens zu größeren Cacheblöcken
(512 Kilo-Byte) da der RISC-Code mehr Speicher benötigt als vergleichbarer
Intel-Code. Der Hauptspeicher wird in Form von Standard-SIM-Modulen aufgebaut,
wobei auch die ersten DIMMs (Dual Inline Memory Module) mit 64 Bit Speicherbusbreite
eingesetzt werden.
Als Peripheriebus kommt ausnahmslos der PCI-Bus zum Einsatz. Dieser bei
PC verbreitete Standard gewinnt auch im Workstationsektor immer mehr an
Bedeutung. Da praktisch alle Komponentenhersteller für dieses System
entwickeln, ist die Auswahl an Zusatzkarten groß; allerdings benötigt
man für den Einsatz im Power-PC-System auch angepaßte Treiber
und BIOS-Versionen. Daher ist der Einsatz von Komponenten oft nur nach
einer Anpassung möglich.
Die Verbindung zwischen Prozessor und PCI wird dabei durch die MPC-105-PCI-Brigde
vorgenommen. Häufig sind auch einige ISA-Steckplätze in den Systemen
zu finden. Interessant ist, daß Power-PC-Systeme häufig dieselben
Dimensionen aufweisen wie Standard-PC-Hauptplatinen. So passen die Boards
in ein herkömmliches PC-Gehäuse.
Was sich sonst noch auf den Power-PC-Systemen tummelt, ist weitgehend Geschmackssache
der Hersteller. Außer seriellen und parallelen Schnittstellen ist
oft ein NCR-SCSI-Chip für Festplatten und CD-ROM integriert. Häufig
ist auch ein Baustein für den Netzwerkanschluß (Ethernet) auf
dem Board eingebaut. Da viele Hersteller den Power-PC als Grafikrechner
positionieren möchten, werden zumeist hochwertige Grafikkarten in
die Systeme gesteckt. Was die Festplatten betrifft, kommen gewöhnlich
die schnelleren Vertreter der Gattung zum Einsatz.
Zwischen der Ankündigung des IBM-Power-PC und der eigentlichen Einführung
ist viel Zeit vergangen. Die Gründe dafür sind vielschichtig,
aber eine Reihe von Standardisierungsbestrebungen waren die wichtigste
Ursache. Bei der ursprünglichen Definition der Systerne kochte jeder
der beteiligten Partner sein eigenes Süppchen. Die Folge waren inkompatible
Hardwareplattformen.
Eine Einigung auf den PREP-Standard (Power PC Referenz Platform) sollte
die Gemeinsamkeit schaffen. Allerdings läuft auch auf PREP-Systemen
Apples Betriebssystem nicht. Erst mit der angekündigten Einführung
von CHRP (Common Hardware Reference Platform) soll eine durchgängige
Kompatibilität auf allen Ebenen bestehen.
Unterscheiden werden sich PREP und CHRP jedoch nur durch die Apple-BIOS-ROMs
und einige Anpassungen für den eingebauten Sound. Für die Benutzer
von Windows NT wird sich keine Änderung ergeben.
Ein weiterer Grund für die Verzögerung des IBM-Power-PC ist die
nach wie vor ausgesetzte Einführung von OS/2 für den Power-PC.
Intern wird sich dieses OS/2 von der Warp-Version grundlegend unterscheiden,
da IBM eine Microkernel-Architektur aufsetzen will. Inzwischen gibt es
eine Betaversion dieses Betriebssystems, die für Benchmarkzwecke jedoch
nicht zur Verfügung gestellt wurde. Bereits verfügbar sind dagegen
Windows NT und AIX als Unix-Derivat. Andere Systeme wie Solaris sollen
ebenfalls demnächst erhältlich sein.
Bei diesem Angebot an Betriebssystemen ist die Auswahl an Software zur
Zeit nicht sehr reichhaltig. Doch für den Grafik-, CAD- und DTP-Bereich
sind einige Programme bereits erhältlich.
Darunter sind Titel wie Calamus, Elastic Reality und Canvas. Word und Excel
befinden sich zur Zeit noch im Betastadium.
Anders stellt sich die Situation auf der Macintosh-Seite dar. Hier sind
praktisch alle Programme auf den Power-PC portiert, obwohl häufig
eine 601-Codevariante benutzt wird, die nicht alle Leistungen des neuen
604 ausnutzt.
Eine spannende Frage stellt sich ganz besonders: Wird der Power-PC schneller
sein als die Pentiums von Intel? Zuvor eine Bemerkung: Einige Power-PC-Systeme
sind mit traumhafter RAM-Bestückung ausgestattet, wodurch eine Abhängigkeit
von der Festplatte bei diesen Tests wegfällt. Systeme, die etwas knapp
an Speicher waren, haben wir daher ausgebaut, um vergleichbare Ergebnisse
zu erhalten.
Für die Gegenüberstellung kommen ein Pentium-Pro-PC und ein
Pentium mit 120 MHz zum Einsatz. Das besondere Merkmal des Pro ist ein
Zwei-Prozessor-System, das aber auch mit nur einer CPU betrieben werden
kann. Der schnelle L-2-Cache ist bei diesen Systemen bereits auf dem Chip
integriert. Außerdem befinden sich im Rechner eine schnelle Grafikkarte
(Matrox Millenium, 2 Megabyte WRAM) und eine schnelle SCSI-Festplatte (Seagate
Barracuda).
Der Pentium 120 ist mit recht einfachen Komponenten ausgestattet: Das Asus-Board
ist mit 256 Kilobyte asynchronem L-2-Cache bestückt. Als Grafikkarte
dient eine Winner 1000 von Elsa, während eine IBM-0602-SCSI-Festplatte
die Daten speichert.
Für die Messungen der Power-PC verwendet das Testlabor eine Reihe
von Benchmarks. Zum einen kommen sogenannte Low-Level-Messungen zum
Einsatz, die zumeist mathematische Probleme berechnen. Dabei handelt
es sich um die Übersetzung von C-Programmen für die Lösung
von Matrizen, Fourier-Analysen und ähnlichem. je nach Programmtyp
werden entweder die Integer- oder die Floating-Point-Einheiten des Prozessors
belastet.
Da diese Programme in der Regel im L-2-Cache ablaufen, sind die Abhängigkeiten
vom Speichertransport oder der Peripherie gering. Das Hauptproblem bei
Low-Level-Messungen ist die starke Ahängigkeit von der Optimierung
des eingesetzten Compilers. So kann ein Wert um 50 Prozent differieren,
falls die Compiler ungünstigen Code produzieren.
Daher werden normale Anwendungsprogramme unter Windows NT 3.51 benutzt,
um das für den Anwender wichtige Verhalten von Rechner, Betriebssystem
und Programm zu testen. Diese Applikations-Benchmarks enthalten typische
Aufgaben, die ein Benutzer am Rechner ausführt. Allerdings hängen
viele Routinen stark von Optimierungen ab, die die Programmhersteller zur
Beschleunigung eingebaut haben.
Bei diesem Test zeigt sich deutlich, daß die Power-PC-Systeme mit
einem Manko zu kämpfen haben: Da offensichtlich einige Anwendungen
lediglich Code-zu-Code übersetzt (Cross-kompiliert) worden sind, laufen
die Applikationen auf dem Power-PC sehr langsam ab. Das liegt daran, daß
Optimierungen, die oft in Assembler implementiert sind, nicht zufriedenstellend
auf den Power-PC-Code umgesetzt werden. Laut Calamus-Hersteller DMC ergeben
sich Unterschiede durch die Verwendung hochoptimierter Routinen für
den Pentium-Prozessor, die auf der Power-PC-Seite bislang durch normale
Routinen abgefangen werden.
Für den Vergleich der Power-PC wird Calamus für Windows NT (DTP-Programm)
eingesetzt. Zwei Aufgaben müssen alle Testsysteme lösen: Als
erstes muß ein hundert Seiten langes Rohtextdokument in einen Spaltensatz
umbrochen werden. Anschließend wird der Font des Dokumentes durch
einen anderen Zeichensatz ersetzt. Da Calamus die Soft-RIP-Eigenschaft
(Softwaremaster Image Processor) besitzt, die den Text in der druckfertigen
Auflösung darstellt, sind diese Operationen zeitaufwendig. Außerdem
kommt der übliche Windows-NT-Benchmark für Excel 5.0 und Word
6.0 zum Einsatz. Da aber auf der Power-PC-Seite zur Zeit nur die Betaversionen
dieser Programme existieren, können die ermittelten Werte dieser Kategorie
nur einen groben Anhaltspunkt geben.
Daß optimierte Programme ein besseres Leistungsverhalten an den Tag
legen, zeigt sich im Vergleich des Apple Power Macintosh 9500 mit Pentium
und Pentium Pro am Beispiel Photoshop 3.0. Teilweise sind die Photoshop-Funktionen
schneller, teilweise wesentlich langsamer als auf den Intel-Systemen.
Siehe auch: